Südsudan: My Body, My Right, My Future
Gemeinsam mit YWCA Südsudan baut Horyzon das neue Projekt „My Body, My Right, My Future“ auf und unterstützt Jugendliche auf ihrem Weg aus der Armut. Durch sexuelle Aufklärung, Bereitstellung von Hygieneartikeln und Zugang zu Verhütungsmitteln werden Jugendschwangerschaften reduziert und somit Zukunftsperspektiven geschaffen.
Hintergrund und Programmumfeld
Südsudan - Der jüngste Staat der Welt hat bereits eine turbulente Geschichte hinter sich. Nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg hatte sich der Südsudan 2011 vom Sudan gelöst und als eigener Staat konstituiert. Doch bereits ein Jahr nach der Staatsgründung versank das Land in einen schweren Bürgerkrieg, in welchem rivalisierende ethnische Gruppen um die politische Führung des jungen Landes kämpften. Zwischen 2013 und 2018 wurden so, offiziellen Angaben zufolge, fast 400‘000 Menschen getötet und fast 2,5 Mio. Südsudanesen in die Nachbarländer vertrieben. Inmitten dieser humanitären Krise, verschlimmern Hungersnöte das Leid der Bevölkerung zusätzlich. Die Menschen im Südsudan leben von der Landwirtschaft, doch Vertreibungen und Überschwemmungen haben dazu geführt, dass kaum noch Nahrungsmittel angebaut oder Nutztiere gehalten werden.
Dabei ist der Hunger nicht die einzige Folge des Konflikts. Durch die Perspektivlosigkeit und die vielen Fälle sexueller Gewalt, sowie durch kulturelle und gesellschaftliche Tabus um das Thema sexuelle Aufklärung sind Jugendschwangerschaften weit verbreitet. Diese sind sowohl für die Mütter als auch für die Kinder höchst problematisch: Rund 80% der mütterlichen Todesfälle im Südsudan fallen auf Jugendschwangerschaften und die Säuglingssterblichkeit ist bei Jugendschwangerschaften rund 50% höher als bei Schwangeren zwischen 20 und 29 Jahren. Doch solch frühe Schwangerschaften bergen auch ökonomische Risiken. Beispielsweise haben Mädchen aus den ärmsten sozialen Schichten Yambios eine drei Mal höhere Wahrscheinlichkeit vor ihrem 18. Geburtstag schwanger zu werden. Dies wiederum führt dazu, dass Mädchen meist ihre Schulbildung nicht abschliessen und entsprechende Zukunftsperspektiven fehlen. Minderjährige Mütter sind so über das gesamte Leben hinweg benachteiligt.
Das Projekt „My body, My Right, My Future“ von YWCA Südsudan und Horyzon durchbricht diesen Kreislauf. Jugendliche in Yambio lernen, welche sexuellen und gesundheitlichen Rechte sie haben und welche Methoden der Familienplanung sie in Anspruch nehmen können. Durch den besseren Zugang zu Verhütungsmitteln und Hygieneartikeln werden entsprechende Tabus aufgelöst und die Teilnahme der Jugendlichen am Schulunterricht gestärkt. Über Dorfgespräche und Radio-Talkshows werden weitere Teile der Bevölkerung für die Thematik von sexueller Gewalt und Verhütung sensibilisiert.
Zielgruppen
An den beiden Standorten Yambio und Maridi erreicht das Horyzon-Projekt jährlich 12'000 Begünstigte: Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren, Lehrer*innen, Dorfälteste, Gesundheitsmitarbeiter*innen, sowie Kinder und Jugendliche, welche die Schulausbildung abgebrochen haben. Weitere Personen werden durch Multiplikationsaktivitäten wie Dorfgespräche oder Radio-Talkshows erreicht.
Ziele
Langfristig bewirkt das Programm, dass die Jugendlichen autonomere Entscheidungen in ihrer Lebensplanung treffen können. Sie werden dazu ermutigt, weiterhin die Schule zu besuchen und Methoden der Familienplanung auf verantwortungsvolle Weise selbst in Anspruch zu nehmen. Zudem werden sie befähigt, sexuelle und genderbasierte Gewalt zu erkennen sowie gleichberechtigte Beziehungen zu führen.
Quellen:
- Zu den Ursachen von Jugendschwangerschaften: Motherhood in childhood; Facing the challenge of adolescent pregnancy, UNFPA 2013
- Analyse YWCA South Sudan
- Women Deliver and The Population Council. Having a Child Before Becoming an Adult: Exploring the Economic Impact in a Multi-Country Analysis. New York: Women Deliver, 2019.
Aktivitäten & Wirkung
Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt
Aktivitäten
- Gespräche mit Mitgliedern der Gemeinden über sexuelle Gewalt
- Schulung von Sozialarbeitern in der Behandlung von Opfer sexueller Gewalt und Ausbildung Jugendlicher in Methoden des sicheren Geschlechtsverkehrs
- Psycho-soziale Unterstützung für Opfer sexueller Gewalt
Wirkung
- Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt ist reduziert
Bildung und Gesundheitsrechte
Aktivitäten
- Installation von Wassertanks an Schulen und Bereitstellung von Damenbinden
- Ausbildung von Mädchen und Jungen in (Menstruations-) Hygiene und sexueller Aufklärung
- Ausbildung von Betreuungspersonen und Lehrpersonen in der Behandlung und Kommunikation von Jugendlichen
- Organisation generationenübergreifender Dialoge zum Thema „Sexuelle und reproduktive Gesundheitsrechte“
- Berufsberatung an verschiedenen Schulen
- Dialoge mit Regierungsvertretern und Dorfvorstehern über ihre Rolle in der Förderung der Rechte von Jugendlichen
- Ausbildung von Dorfvorstehern als Botschafter für sexuelle und reproduktive Gesundheitsrechte
- Radio - Talkshows über sexuelle und gesundheitliche Rechte
- Aufbau von Kapazitäten für grundlegende Menschenrechte
Wirkung
- Die Jugendlichen kennen ihre gesundheitlichen Rechte und bauen sich langfristige Existenzgrundlagen auf.
Gesundheitsversorgung
Aktivitäten
- Ausbildung des Gesundheitspersonals in Kommunikation, Beratung und Begleitung bei der Familienplanung
- Sensibilisierung durch Radio-Talkshows für den Gebrauch von Verhütungsmitteln
- Bereitstellung von Verhütungsmitteln und Vorführung von Kondomgebrauch
Wirkung
- Die Jugendlichen haben Zugang zu guter Gesundheitsversorgung (inkl. Präventionsmassnahmen), die durch qualifiziertes Personal bereitgestellt wird.
Resultate 2021
Sensibilisierung und gesundheitliche Rechte
- 650 Schüler*innen und Jugendliche nahmen an Gesundheitsclubs in den Schulen und in Dörfern in Yambio und in Maridi teil. Im Jahr 2021 sind 13 der insgesamt 20 Gesundheitsclubs mit Unterstützung von YWCA Südsudan gegründet worden.
- An Dorfgesprächen wurden 113 Bezugspersonen über das Thema SGBG und sexuell reproduktive Gesundheitsrechte sensibilisiert. Durch das An-sprechen dieser Themen in einem solchen Rahmen wurde der Dialog über diese Tabuthemen zwischen den Generationen gefördert. Zudem informier-ten Expert*innen des YWCA Yambio in Talkshows der lokalen Radiosender über verschiedene Aspekte der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, der sexuellen und geschlechtsspezifischen Gewalt und über Anlaufstellen für Betroffene.
- Auch 18 Regierungsrepräsentant*innen konnten anlässlich eines Informationsanlass für die oben erwähnten Themen sensibilisiert werden.
- 1179 Schüler*innen nahmen an einer Informationsveranstaltung über ihr Recht, zur Schule zu gehen und die Perspektiven, die sie mit einem Schulabschluss haben, teil. Unter anderem erhielten sie Einblick in verschiedene Be-rufe und weiterführende Ausbildungen
- 27 Betroffene von SGBG wurden von YWCA Südsudan Berater*innen begleitet und von den zuständigen Behörden unterstützt. Ausserdem wurden 30 Sozialarbeiter*innen in der Behandlung und Begleitung von Betroffenen sexueller Gewalt geschult.
- Jugendliche können einfach an Informationen SGBG, sowie sexuelle Gesundheit und Rechte kommen und sich darüber zu informieren. Sie kennen ebenso ihre Grundrechte (z.B. das Recht in die Schule zu gehen).
- Personen aus dem Umfeld der Jugendlichen erkennen den Zusammenhang zwischen Jugendschwangerschaften, Schulbildung und Armut und sind sensibilisiert für die Wichtigkeit, die oben genannten Themen proaktiv anzusprechen und anzugehen. Ausserdem verstehen sie ihre Rolle in der Förderung von Kinder- und Jugendrechten besser.
Zugang zu Gesundheitsversorgung und Aufklärung
- 50 Lehrer*innen besuchten ein Training und lernten, wie sie besser auf die Bedürfnisse von Jugendlichen eingehen können und wie Themen rund um Sexualität und Aufklärung im Unterricht eingebracht werden können.
- 30 Sozialarbeiter*innen und Berater*innen wurden im Bereich sexuelle Gesundheit ausgebildet, um junge Paare in der Familienplanung zu unterstützen.
- 974 junge Frauen erhielten wiederverwendbare Damenbinden, damit sie auch während ihrer Menstruation die Schule weiterhin besuchen können.
- 70 Jugendliche in Yambio lernten in Workshops mehr zum Thema Hygiene. Dies kam sowohl der Bekämpfung der Pandemie als auch der Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten zugute.
- 148 Jugendliche und junge verheiratete Paare nahmen am Workshop über Verhütung und Familienplanung teil.
- Qualifiziertes Personal (Sozialarbeiter*innen, Lehrpersonen, Gesundheits-personal) wissen, wie sie Jugendliche aufklären können und welche Rolle sie spielen, Jugendliche auf Verhütung und Zugang zu Gesundheitsversorgung aufmerksam zu machen.
- Weil Jugendliche, v.a. junge Frauen und ihre Partner, wissen, wie sie verhüten können und wo sie Verhütungsmittel erhalten können, bleiben sie länger in der Schule.
Resultate 2020
Sexuelle und genderbasierte Gewalt
- 30 Gemeindemitglieder diskutierten an einem Dorfgespräch zum Thema genderbasierte Gewalt.
- 2 Hörspiele, aufgenommen durch YWCA Yambio, wurden als Werbung regelmässig im Radio Yambio FM abgespielt. Die auf Englisch und Zande aufgenommenen Hörspiele unterstützten junge Frauen dabei, sich gegen eine Jugendheirat zu wehren und für ihr Recht auf Selbstbestimmung einzustehen.
- 20 Sozialarbeiter*innen wurden in der Behandlung von Opfern sexueller Gewalt geschult.
- In 2 Talkshows des Radios Yambio FM diskutierten Expert*innen des YWCA Yambio zum Thema sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt und versuchten so das Thema zu enttabuisieren und Fakten zur sexuellen Gesundheit von Jugendlichen zu teilen. Zudem wurde über mögliche Anlaufstellen für Opfer von sexueller Gewalt informiert.
Gesundheitsversorgung
- In Yambio haben 650 Jugendliche mehr zum Thema Hygiene gelernt, was sowohl der Bekämpfung der Pandemie wie auch der Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten zugutekam. Unter anderem wurden auch Seifen und wiederverwendbare Damenbinden verteilt.
- Es wurden 30 Sozialarbeiter*innen und Berater*innen im Bereich sexuelle Gesundheit ausgebildet, um junge Paare in der Familienplanung unterstützen.
- 33 Bezugspersonen absolvierten ein Training in der Kommunikation und Betreuung von Jugendlichen
- 44 Lehrer*innen besuchten ein Training und lernten wie sie besser auf die Bedürfnisse von Jugendlichen eingehen können und wie der ergänzende Lehrplan (siehe nächster Abschnitt) im Unterricht angewendet werden kann.
Bildung und gesundheitliche Rechte
- Es wurde ein ergänzender Lehrplan verfasst, welcher die Lehrpersonen dabei unterstützt den Jugendlichen das Thema „Gesunde, respektvolle sexuelle Beziehungen mit Schwerpunkt auf Familie und Freundschaften“ näherzubringen.
- In einem Dorfgespräch wurden die kulturellen Strukturen diskutiert, welche junge Frauen daran hindern selbst über ihre körperlichen Rechte zu entscheiden. Im Weiteren wurden die Mädchen über ihr Recht auf ihre reproduktive Gesundheit aufgeklärt.
- 57 Dorfvorsteher*innen wurden durch Trainings für ihre essentielle Rolle bei der Implementierung von Menschenrechten sensibilisiert.
- 32 Dorfvorsteher*innen absolvierten eine Ausbildung als Botschafter*innen für die sexuellen und reproduktiven Gesundheitsrechte der Jugendlichen.
- 44 Gemeindemitglieder wurden als Trainer*innen im Bereich Familienplanung ausgebildet.
- 7 Diskussionsgruppen mit über 500 Jugendlichen entstanden in den verschiedenen Quartieren Yambios. Unter der regelmässigen Betreuung von YWCA Mitarbeiter*innen diskutieren die Jugendlichen über Themen im Bereich Sexualität und Gesundheit, die sie gerade bewegen.
- 1 Kampagne in Yambio, um das öffentliche Bewusstsein für die sexuellen und reproduktiven Gesundheitsrechte der Jugendlichen zu schärfen.
- Am Generationendialog zum Thema “Sexuelle und reproduktive Gesundheitsrechte” diskutierten 41 Gemeinschaftsmitglieder verschiedener Generationen, wie die Respektierung der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsrechte gefördert werden kann.
Förderung von Lebenskompetenzen
- Es wurden Trainings durchgeführt, in welchen 25 junge, früh verheiratete Paare (50 Jugendliche) über Methoden der Familienplanung geschult wurden.
- Aufgrund der Covid-19 Pandemie musste der Start der Kampagne Berufsberatungen an Schulen, welche alternative Lebensentwürfe aufzeigen, leider verschoben werden.